Download des gesamten Programms siehe unten
Herrn Prof. Dr. Wolf Meinhof in freundschaftlicher Verbundenheit gewidmet.
Von Claus Seebacher
Ein junges Jubiläum 1981
Vom 1.-3. Mai 1981 feierte die Deutschsprachige Mykologische Gesellschaft mit der 16. wissenschaftlichen Tagung in Erlangen ihr 20jähriges Bestehen. Diese Tagung wurde hervorragend von Frau Prof. Dr. Helge Hauck organisiert und geleitet. Eigenartigerweise verschweigt das Tagungsprogramm diese Tatsache, darum wird sie hier besonders hervorgehoben. Den Vorsitz der DMykG hatte zu dieser Zeit Prof. Dr. Wolf Meinhof, Aachen inne.
Auf dem Weg zur Internationalität
In einem persönlichen Gespräch mit dem Autor dieser Zeilen erwähnte Wolf Meinhof, dass diese Tagung, im Gegensatz zu den früheren, eine stärkere internationale Beteiligung bekommen sollte. Diese Absicht wurde mit folgenden Persönlichkeiten in die Tat umgesetzt: Prof. Dr. M.I. Abdallah, Cairo, Dr. Y. Cayton, London, Prof. P. Dockx, Antwerpen, Prof. Dr. E. Drouhet, Paris, Prof. Dr. I.C. Gentles, Glasgow, Prof. Dr. K. Nishio, Kitakyushu, Japan, Dr. F. Odds, Leicester, Prof. I. Racz, Budapest, Prof. Dr. M.Refai, Cairo, Prof. Dr. M. Simon, Szeged, Prof. Dr. Z. Stava, Prag, Prof. Dr. Sterba, Pilsen, Prof. Dr. R. Vanbreuseghem, Antwerpen. Hinzu kommen noch Kolleginnen und Kollegen aus Ungarn und der CSSR (damals), die Mitglieder der DMykG waren bzw. noch sind. Eine solche Internationalität mit echten mykologischen Schwergewichten war für DMykG-Tagungen eine Besonderheit.
Eine „Auslandsreise“
Vielleicht sollte hier erwähnt werden, dass der Berichterstatter eigentlich auch aus dem „Ausland“ nämlich aus der DDR kam. Jüngeren Personen wird möglicherweise nicht mehr bewusst sein, dass man 1981 nicht einfach von Dresden nach Erlangen zu einer Tagung fahren konnte. Nachdem Ende der 70iger Jahre zwischen der DDR und der BRD ein Gesundheitsabkommen abgeschlossen war, sah dieses auch einen gegenseitigen Austausch von Wissenschaftlern zu medizinischen Fachkongressen vor. Die Zahl der Personen, die jährlich reisen durften, war stark limitiert. Die Kosten für die Teilnahme trug jeweils die einladende Seite. Zu der Tagung 1981 in Erlangen hatte der Vorstand der DMykG im Einvernehmen mit der Veranstaltungsleitung Einladungen rechtzeitig (> 1 Jahr) an den Vorstand der Gesellschaft für Medizinische Mykologie der DDR geschickt. Die Einladung wurde nun zusammen mit zwei namentlichen Vorschlägen und einer Begründung an die zuständige Stelle des Ministeriums für Gesundheitswesen der DDR geschickt. Dort wurde eine Überprüfung der Reisekandidaten, in diesem Fall Prof. Dr. Herbert Anton Koch, Erfurt und Doz. Dr. Claus Seebacher, Dresden auf Zuverlässigkeit vorgenommen. Erst nach dieser Prozedur und Bestätigung der Kandidaten, durfte die Einladung der DMykG offiziell angenommen und die Namen der Gäste, die voraussichtlich kommen, mitgeteilt werden. Dann durften die Reisekandidaten auch Kontakt mit der Tagungsleitung aufnehmen, Vortrag anmelden, Zusammenfassung einreichen usw. In der Regel einen Tag vor der geplanten Abreise zur Tagung musste man in der Reisestelle des Gesundheitsministeriums in Berlin persönlich vorsprechen. Hier wurde der Reisepass mit dem Ausreisevisum ausgehändigt, Verhaltensregeln mitgeteilt und ein Taschengeld von DM 15,00 sowie die Fahrkarten für Hin-und Rückfahrt ausgehändigt. Sollte die Stasi (Staatssicherheitsbehörde) bei der Überprüfung noch ein Haar in der Suppe gefunden haben, ist es in Einzelfällen passiert, dass der Pass nicht ausgehändigt wurde und der Reisegast mit Bedauern die Teilnahme an der Tagung telegrafisch absagen musste. Ich durfte fahren und war am Donnerstag, dem 30. April 1981 am frühen Nachmittag in Erlangen.
Verleihung der Schönlein-Plakette erstmals 1981
Die Tagung wurde am 1. Mai 1981 um 9.00 Uhr von Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Götz, Essen, dem Ehrenvorsitzenden der DMykG, eröffnet. Nach einer Begrüßung der Teilnehmer folgten Ehrungen, darunter die Erstverleihung der Johann-Lucas-Schönlein-Plakette. Die Stiftung dieser Plakette geht auf eine Idee von Prof. Dr. Wolf Meinhof, Aachen, dem Vorsitzenden der DMykG in der Wahlperiode 1978-1981 zurück. Gemeinsam mit Prof. Dr. Hans Rieth, Hamburg, schuf er das Layout der Plakette. Schönlein, der in Bamberg 1793 geboren wurde, beschrieb 1839 mit nur 23 Zeilen und einer Zeichnung den Favuserreger und begründete damit die medizinische Mykologie. So gesehen ist es eine glückliche Fügung, dass die Plakette zum Gedenken an einen Franken nun auch auf einer Tagung in Franken zum ersten Mal vergeben wurde. Die Laudatio auf den Laureaten, Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Götz, hielt Prof. Dr. O. P. Hornstein, Direktor der Dermatologischen Universitätsklinik und Poliklinik, Erlangen.
Danach erfolgte die Verleihung des Gustav-Riehl-Preises an Prof. Dr. Ferdinand Fegeler,Münster. Neben zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen zur Mykologie, war Ferdinand Fegeler von 1963-1969 Kassenwart der DMykG.
Medizingeschichte und die Bedeutung der Mykologie
Der Höhepunkt und krönende Abschluss der festlichen Eröffnung der Tagung war der Festvortrag von Prof. Dr. med. Hans Schadewaldt, Institut für Geschichte der Medizin, Universität Düsseldorf; „Anfänge der Medizinischen Mykologie in Deutschland“. Dieser Vortrag war eine umfassende, durch viele Bilder sehr anschauliche und hervorragende Darstellung der Anfänge der Mykologie im Allgemeinen und der medizinischen bis zum Beginn des 20. Jh. im Speziellen. Dieser Teil der Eröffnung der Myk´81 in Erlangen ist der Nachwelt erhalten und kann in mykosen 24; 1981: 645-667 nachgelesen werden.
Erlangen – eine Hochburg der Dermato-Mykologie in Deutschland
Das wissenschaftliche Programm umfasste die Schwerpunktthemen Immunologie, Mykotoxine, Typisierung pathogener Hefen in der Krankenhaushygiene und Therapie. Ein Teil der Vorträge ist im o. g. Heft von mykosen abgedruckt. Bemerkenswert ist, dass allein aus der Erlanger Hautklinik fünf Vorträge gehalten wurden. Als Autoren sind Frau Helge Hauck und die Herren Eckart Haneke, Djalil Djawari, Miklós Simon jr. G. Freymüller, A. Tkaczyk cand. med., S. Winkler cand. med. und Ekkehard Jecht im Programm genannt. Allein diese Aufzählung zeigt, dass in der Erlanger dermatologischen Klinik ungewöhnlich viel mykologischer Sachverstand vorgehalten werden konnte. Hierzu sollte man wissen, dass bis zu seiner Berufung 1977 auf den Lehrstuhl für Dermatologie nach Aachen, Prof. Dr. Wolf Meinhof in Erlangen als leitender Oberarzt wirkte und gleichzeitig die Mykologie betreute. Seine Saat ist dort offenbar auf fruchtbaren Boden gefallen. Wolf Meinhof zählt zu den wenigen deutschen Dermatologen, die Zeit ihres Arbeitslebens die Mykologie als wissenschaftlichen Schwerpunkt beibehalten haben. Hierzu zählten zytochemische Untersuchungen zur Enzymbildungsfähigkeit von Dermatophyten, elektronenmikroskopische Untersuchungen zur Zellstruktur, experimentelle und klinische Studien zu neuen Antimykotika vom Griseofulvin bis zum Itraconazol u.a. Wolf Meinhof hatte, bisher als einzige Persönlichkeit, zweimal den Vorsitz der DMykG inne, von 1978-1981 und von1988-1990. Von 1978-1986 war er Schriftleiter von mykosen. Während dieser Zeit wurde zunehmend die Zeitschrift auch für Ausländer als Publikationsorgan interessant.
Frau Prof. Helge Dorothea Hauck hat als herausragende und anerkannte Leistung u.a. Candida-Mykosen im Alter bearbeitet und wesentliche neue Erkenntnisse für die Altenpflege, vor allem auch in Heimen, beigebracht. Sie wurde 1986 Chefärztin der Hautklinik der Städischen. Krankenanstalten Bielefeld. Prof. Dr. Eckart Haneke hat das ABC der Mykologie in Halle/Saale bei Erika Friedrich erlernt. In Erlangen befasste er sich mit mykoimmunologischen Themen, mit der chronischen mucocutanen Candidose und der Onychomykose. 1986 übernahm er die Hautklinik des Ferdinand-Sauerbruch-Klinikums Wuppertal. Sein Arbeitsfeld sind noch bis heute, nun im offiziellen Ruhestand, die Krankheiten der Nägel und des Nagelorgans. Haneke ist weltweit einer der führenden Onychologen. Sein Publikationsverzeichnis bei PubMed umfasst 256 Arbeiten, die von 1969 bis 2021 in anerkannten internationalen Zeitschriften erschienen sind. Mykologische Themen, in den letzten Jahren vor allem zur Onychomykose, sind während dieser langen Zeitspanne durchgängig verzeichnet. Auch der Name Djalil Djawari war den Mykologen Ende der 70iger und der 80iger Jahre des vergangenen Jahrhunderts ein Begriff. Vor allem seine mykoimmunologischen Arbeiten zur Phagozytose von Pilzen oder zur Behandlung der chronischen mucocutanen Candidose wurden sehr beachtet. Djawari wurde Chefarzt der Hautklinik des Städtischen Krankenhauses Heilbronn und 1989 apl. Professor der Universität Heidelberg. Miklós Simon jr., sein Vater gleichen Namens war Ordinarius für Dermatologie an der Universität Debrecen/Ungarn, hatte seine wissenschaftlichen Schwerpunkte auf typisch dermatologischen Themen, erwecktet aber in den 80iger Jahren mit einigen mykologischen Arbeiten die Aufmerksamkeit bei den Mykologen. Er wurde 1989 zum Professor ernannt und war leitender Oberarzt an der Erlanger Hautklinik. Dieser Überblick über die damalige Mykologie in Erlangen verdeutlicht, dass zu dieser Zeit die Hautklinik in Erlangen ein wissenschaftlicher Leuchtturm der medizinischen Mykologie in Deutschland war.
Eindrucksvolle Exkursion nach Bamberg…
Das Gesellschaftsprogramm ist mir noch nach 40 Jahren in lebhafter Erinnerung geblieben. Am 2. Mai war für alle Tagungsteilnehmer eine Fahrt nach Bamberg vorgesehen. Dort wurden verschiedene frei gewählte Gruppen gebildet. Ich hatte mich für die Führung durch Bamberg unter Leitung des Bezirksheimatpflegers Mittelfranken entschieden. Eine so schöne mittelalterliche Stadt hatte ich noch nicht gesehen, die Kirchen, der Dom, die Residenz, es war überwältigend. Abends folgte dann ein Konzert des Quintetts der Bamberger Symphoniker im Kaisersaal der Residenz und anschließend ein gemeinsames Abendessen.
…und ein kulinarischer Ausflug ins Mittelalter
Das Festbankett fand am 1. Mai abends in Bubenreuth statt. Geboten wurde ein Ritterschmaus auf fränkische Art. Die Menüfolge hatte ich aufgehoben und kann sie als Abbildung hier präsentieren.
Empfangen wurden wir mit einem kleinen Konzert eines Familienensembles in mittelalterlicher Kleidung aus dem Fundus der Nürnberger Oper. Gespielt wurde Musik des Mittelalters auf alten Instrumenten. Bei den Musikern soll es sich, wenn ich mich richtig erinnere, um den damaligen Dekan der Medizinischen Fakultät der Uni Erlangen mit Frau und Kindern gehandelt haben.
Nach der Wende und heute…
Glücklich über das Erlebte mit nun 40 Jahren dauerhafter Erinnerungen, habe ich am 4.Mai 1981 die Heimreise nach Dresden wieder angetreten. Die nächste Tagung der DMykG, die ich nun ohne behördliche Genehmigung besuchen konnte, fand 1990 in Göttingen statt.
Prof. Dr. med. Claus Seebacher
Merseburger Str. 5, 01309 Dresden